Das kranke Kaninchen


Was sind die häufigsten plötzlichen Erkrankungen bei Kaninchen, die einen kurzfristigen Besuch beim Tierarzt erforderlich machen?

  • Stürze und Verletzungen

Einer der häufigsten Gründe eines Notfalltermins in der Tierarztpraxis sind Verletzungen, Stürze oder vom Arm des Besitzers heruntergefallene Kaninchen. Diese Unfälle können zu schweren oder sogar lebensgefährlichen Verletzungen mit dramatischen Folgeschäden wie zum Beispiel Lähmungen oder Wirbelbrüchen führen.

Als Besitzer können Sie solch schwerwiegenden Verletzungen gut vorbeugen, indem Sie Ihr Tier, wenn Sie es hochnehmen müssen, immer mit beiden Armen gesichert halten. Kaninchen sind Fluchttiere und können sich blitzschnell umdrehen oder herunterspringen und sich dabei schwer verletzen. Für ein Kaninchen ist es immer wichtig, dass es unter allen vier Pfötchen sicheren Halt verspürt – sonst kann es aus Angst zu einer gefährlichen Fluchtreaktion kommen.

Sollte Ihnen mit Ihrem Tier ein solcher oder ähnlicher Unfall zu Hause passieren, ist die erste Maßnahme als Besitzer: Ruhe bewahren. Ihr Tier orientiert sich an Ihnen – je ruhiger Sie im Notfall sind, umso besser können Sie eine Paniksituation bei Ihrem Kaninchen vermeiden. Sehen Sie sich Ihr Tier sofort an, ob Ihnen Veränderungen auffallen: Ist wirklich etwas passiert oder hat es nur einen Schreck bekommen? Verhält es sich normal wie immer, ist es wach und munter? Kann es alle Pfötchen normal bewegen und hoppelt in normaler Haltung? Das sind erst einmal beruhigende Fakten.

Alarmiert sollten Sie sofort sein, wenn sich das Kaninchen völlig anders als gewohnt verhält, wenn es bewegungslos auf dem Boden bleibt, sich nicht mehr wie gewohnt bewegen will oder kann, humpelt, einzelne Pfötchen nachzieht, hochhält, nicht auf den Boden aufsetzen will oder sich permanent putzt. Ein absoluter Notfall ist es immer auch, wenn sein Bewusstsein eingeschränkt ist, die Augen halb geschlossen sind (häufiges Schmerzanzeichen!), es mit den Zähnchen knirscht oder ähnliche Auffälligkeiten zeigt. In diesen Fällen rufen Sie bitte sofort Ihren Tierarzt bzw. außerhalb der Sprechzeiten eine Notdienstpraxis an – schwere akute Verletzungen müssen sofort versorgt werden!

Der Tierarzt wird Ihr Tier untersuchen und meist zur Absicherung der Diagnose ein Röntgenbild anfertigen. Er wird die richtige Behandlung einleiten und das Tier mit den entsprechenden Medikamenten versorgen.

Auch bei stark blutenden Wunden sollte unbedingt ein Tierarzt aufgesucht werden. Kaninchen neigen, wenn sich Wunden infizieren, schnell zu Abszessen. Natürlich müssen auch blutende Verletzungen kompetent versorgt werden. Minimale Verletzungen, wie zum Beispiel eine ausgerissene Kralle, die schnell wieder aufhören zu bluten, können dagegen zunächst zu Hause versorgt werden.
Wichtig: Alle Wunden sollten regelmäßig kontrolliert werden, dass sie sich nicht entzünden! Wenn dies der Fall ist, suchen Sie bitte dringend Ihren Tierarzt auf!


  • Futterverweigerung und „Bauchgeschichten“

Baucherkrankungen wie Aufgasungen, Magenüberladungen oder Bezoare (Haarballen) im Verdauungstrakt entwickeln sich bei Kaninchen meist spontan und zunächst ohne direkt erkennbare Ursache. Der Besitzer bemerkt es in der Regel daran, dass die Tiere nicht zum Futternapf kommen, kein Interesse am Futter haben, über längere Zeit nicht fressen und häufig auch apathisch und bewegungsunlustig werden.

Für Kaninchen ist es lebenswichtig, regelmäßig und nahezu permanent zu fressen. Ihr Magen ist auf kontinuierlichen Nahrungsnachschub angewiesen. Frisst ein Kaninchen über längere Zeit nicht und das Futter bleibt zu lange im Magen liegen, können durch Gärungsprozesse lebensgefährliche Aufgasungen entstehen. Eine andere Gefahr sind mechanische Hindernisse im Magen wie zum Beispiel Fellverklumpungen (Bezoare), durch die massive Magenüberladungen entstehen können.

Beide Erkrankungen können sich sehr schnell lebensbedrohlich entwickeln. Neben starken Schmerzen kann der überdehnte Magen auf andere Organe im Brustraum drücken, massive Herz-Kreislauf-Störungen verursachen und bis zum Schock führen.

Baucherkrankungen eines Kaninchens sind immer ein akuter Notfall, der dringend vom Tierarzt abgeklärt werden muss. Ein Röntgenbild kann die Diagnosestellung unterstützen, so dass der Tierarzt umgehend die notwendige Behandlung einleiten kann.
Vor allem bei einer Aufgasung ist es sehr wichtig, dass Ihr Kaninchen trotz der Appetitlosigkeit ausreichend Futter bekommt. Für den Notfall gibt es Ersatzfuttermittel zum Anmischen, die Sie vom Tierarzt erhalten und Ihrem Kaninchen zu Hause verabreichen können. Frisst es nicht selbstständig, hilft eine dünne Spritze (ohne Kanüle), über die Sie das Futter ins Mäulchen geben können. Unterstützend können Sie Ihrem kranken Kaninchen immer auch frische Kräuter anbieten. Auch möglich ist, dass Ihr Kaninchen einige Tage lang Medikamente erhalten muss - Ihr Tierarzt wird Ihnen alles genau zeigen.


  • Haut- und Fellveränderungen

Haut- und Fellveränderungen, Fellausfall, kahle Stellen, wunde Pfötchen oder verfärbte und verklebte Haare können bei Kaninchen Ausdruck verschiedener Haut- oder auch innerer Erkrankungen sein. In vielen Fällen verursachen Bakterien, Pilze oder Parasiten (wie zum Beispiel Milben) die Beschwerden. Auch hier sollte das Kaninchen möglichst kurzfristig dem Tierarzt vorgestellt werden. Durch Fell- oder Hautschuppenproben oder auch eine Probe mittels Klebestreifen („Abklatsch“) kann der Tierarzt mögliche Erreger erkennen und gezielt behandeln. Häufig müssen auch zu Hause die Umgebung des Tieres und/oder die Einrichtung des Geheges desinfiziert werden – der Tierarzt wird alles genau erklären.


  • Augenverletzungen, tränende Augen und Veränderungen an den Ohren

Verletzungen an Augen und Ohren können viele Ursachen haben. Sie können beim Toben entstehen, durch Beißereien mit anderen Kaninchen, durch innere Erkrankungen (Zahnerkrankungen/Abszesse) oder auch durch Zugluft. Alle Erkrankungen am Kopf sollten unbedingt vom Tierarzt angesehen und je nach Ursache behandeln werden.

Wichtig: Alle Verletzungen an den Augen sind ein Notfall und sollten schnellstmöglich vom Tierarzt versorgt werden! Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Heilungschancen für das Tier.


  • Chronische Erkrankungen wie Schnupfen oder Encephalitozoon cuniculi (EC)

Besitzer von chronisch kranken Tieren sind meist in der Pflege sehr erfahren. Dennoch kann es kurzfristig zu einem Krankheitsschub mit verstärkten Symptomen kommen. Auch hier ist es immer wichtig, so früh wie möglich den Tierarzt aufzusuchen. Ein möglicher EC-Schub kann sich zum Beispiel in einem ungewöhnlichen Verhalten des Tieres, Kopfschiefhaltung, im Kreis laufen oder Lähmungserscheinungen zeigen – je früher hier mit der Behandlung begonnen wird, umso besser ist die Prognose für das Tier.


  • Im Sommer: Hitzschlag !

Kaninchen sind äußerst wärmeempfindlich und können Hitze nur sehr schwer verkraften. An den heißen Sommertagen müssen sie daher unbedingt kühle Schattenplätze und Rückzugsorte im Gehege zur Verfügung haben. Passiert es doch einmal, dass ein Kaninchen durch die Hitze schlapp und apathisch wird, ist dies ein akuter Notfall und muss sofort vom Tierarzt behandelt werden! Bis zum Tierarztbesuch sollte das Kaninchen als erste Maßnahme sofort an einen kühlen Ort gebracht werden, außerdem können feuchte, kühle (keine eiskalten – Schockgefahr!) Handtücher umgelegt werden.


Was ist für den Besuch beim Tierarzt wichtig?

In einem akuten Notfall ist Zeit das Wichtigste. Das verletzte oder erkrankte Kaninchen muss schnellstmöglich dem Tierarzt vorgestellt werden. Die wichtigsten Daten kann man bereits beim Anrufen in der Tierarztpraxis oder Notfallklinik angeben:

  • Um welche Verletzungen oder Symptome handelt es sich?
  • Hat das Tier blutende Wunden, akute Verletzungen, Atemprobleme, Schmerzen?
  • Frisst es noch oder schon eine Weile nicht mehr?

Je detaillierter – aber doch kurz – die Beschreibung des Besitzers ist, umso besser kann sich der Tierarzt im Notfall bereits mit seinem Team vorbereiten, so dass in der Praxis keine wertvolle Zeit verloren geht.

Aber auch bei kleineren Verletzungen oder Routinebesuchen beim Tierarzt sind einige Aspekte für den sicheren Kaninchentransport zu berücksichtigen:

Für den Transport wird das Kaninchen am besten sicher in seine Transportbox gesetzt. Im Bedarfsfall kann die Box mit Handtüchern oder einer Decke weich ausgepolstert werden. Vor allem in der kalten Jahreszeit ist angemessene Wärme sehr wichtig, damit das kranke Kaninchen nicht auskühlt; auch Wärmekissen können hier gut helfen. Durch Schreck, Schock oder Erkrankung ist der Kreislauf ohnehin stark belastet und muss vor weiterem Wärmeverlust geschützt werden.

Im Sommer handelt man bei großer Hitze umgekehrt: Hier sollte nach Möglichkeit vermieden werden, die Tiere in der Mittagshitze zu transportieren bzw. alternativ im Auto mit Klimaanlage. Kaninchen sind sehr hitzeanfällig. Sie können nicht schwitzen und leiten Wärme neben den Ohren nur über eine verstärkte Atmung ab. Bei großer oder stauender Hitze können sie daher schnell Herz-Kreislauf-Probleme bis hin zu einem Hitzschlag erleiden.

Wird das Kaninchen für eine geplante Operation mit Narkose zum Tierarzt gebracht, ist es ganz wichtig, dass das Tier bis zum Transport zur Praxis oder Tierklinik Zugang zu seinem gewohnten Futter hat. Kaninchen dürfen nie nüchtern sein, sie können – und müssen! – auch vor einer Operation ganz normal fressen. Lediglich blähende Futtersorten (zum Beispiel Kohl) sollten dann vermieden werden. Auch notwendige, gewohnte Medikamente sollte das Tier wie verordnet vorher bekommen – hilfreich ist dann für den Tierarzt eine an der Transportbox angebrachte Notiz, welches Medikament das Tier wann und in welcher Dosierung erhalten hat. So kann der Tierarzt bei der nachfolgenden Behandlung oder Narkose die zuvor gegebenen Medikamente entsprechend berücksichtigen und es wird nichts übersehen.

Ihr Tierarzt wird die jeweilige Diagnose und alle notwendigen weiteren Maßnahmen, Untersuchungen oder Behandlungen ausführlich mit Ihnen besprechen und ebenfalls erklären, ob eine weitere Versorgung oder Medikamentengabe zu Hause notwendig ist. Ganz wichtig ist für Sie als Besitzer: Stellen Sie alle Ihre Fragen an den Tierarzt und lassen Sie sich alles, was Sie wissen müssen, ganz genau erklären. Je konkreter Sie nachfragen, umso besser kann der Tierarzt Ihnen Ihre Fragen auch beantworten. Und bei Unsicherheiten zu Hause noch ein Tipp: Rufen Sie in der Tierarztpraxis an, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert oder Sie nicht ganz sicher sind. Der Tierarzt kennt Ihren Fall und Ihr Tier und kann schnell und konkret helfen.


Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihr Kaninchen!

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